Unsere Fraktion hatte im letzten Herbst beantragt, die Stadtverwaltung solle künftig
fair gehandelte Produkte einkaufen (Antrag 1), z.B. Kaffee, Tee und Orangensaft, und darüber hinaus, wo möglich, ökologisch hergestellte Produkte für den städtischen Eigenbedarf beschaffen (Antrag 2).
Zu Antrag 2 dokumentierte die Stadt mit einer langen Liste, wie sie hier schon vorbildlich ökologisch einkauft, was wir ausdrücklich begrüßen.
Wir hatten zudem vorgeschlagen, dass die Verwaltung eine Dienstanweisung sowohl zur fairen wie auch ökologischen Beschaffung zur verbindlichen und klaren Handhabung erlässt, wie das offensichtlich in anderen Gemeinden ohne Probleme geschehen ist. Wir überreichten dem Bürgermeister zur Information eine Dienstanweisung zur fairen Beschaffung, die der Gemeinderat und der Oberbürgermeister von Esslingen beschlossen hatten.
Mit der Vorlage der Verwaltung zu unseren Anträgen in der Gemeinderatssitzung waren wir nicht zufrieden, weil darin kein verbindlicher Beschluss hinsichtlich ökologischer und fairer Beschaffung vorgesehen war, sondern nur von einer „Leitlinie“ die Rede war, die man schon bisher beachte. Eine jährliche Berichtspflicht zu den Beschaffungen war auch nicht enthalten.
Die FWV und die CDU bestanden darauf, dass in der Gemeinderatssitzung nicht über die Vorlage der Verwaltung abgestimmt wird, da sie dies in der vorherigen Sitzung des Finanzausschuss mehrheitlich so beschlossen hatten. Die FWV argumentierte fadenscheinig, dass ein Beschluss über eine Leitlinie arbeitsrechtlich gefährlich sei und die MitarbeiterInnen verunsichern könnte.
Wir fragen uns, warum haben die meisten Gemeinderatskollegen/-kolleginnen kein Interesse daran, dass die Stadtverwaltung sich verbindlich verpflichtet, zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt beizutragen? Wenn die Verwaltung faire und ökologisch hergestellte Produkte einkauft, kann sie mit gutem Beispiel für die Bevölkerung vorangehen.
Oder geht es einfach nur ums Prinzip? Die Grünen haben mal wieder einen Antrag gestellt, da ist man dagegen, damit sie nicht wieder in der Presse Punkte sammeln. In 3 Jahren ziehen sie dann selbst einen Antrag auf faire Beschaffung aus der Tasche, wenn das Thema auch in Gerlingen salonfähig geworden ist.
Bedauert haben wir, dass der Bürgermeister so verschnupft reagierte, vermutlich weil er nicht für die gewünschte „Gerlinger Harmonie“ sorgen konnte. Er zog die Vorlage zurück, garantierte aber, dass seine MitarbeiterInnen sich auch ohne Grundsatzbeschluss und Dienstanweisung an Leitlinien der fairen und ökologischen Beschaffung orientieren werden. Das ist ein wichtiger aber unverbindlicher Schritt in Richtung sozial und ökologisch verträgliche Beschaffung.
Wir finden es sehr schade, dass unsere Gemeinderatskolleginnen und -kollegen nicht mit uns an einem Strang ziehen wollten, so wie es der Leonberger Gemeinderat interfraktionell offensichtlich konnte.
Claudia Trunzer-Seidel