Vielleicht haben Sie schon gehört, dass die Stadt Gerlingen im Wettbewerb „Straßenoasen“ des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg einen Preis für das Straßenbegleitgrün in der Hauptstraße bekommen hat? Nachdem diese Rabatten die letzten Jahre immer wieder für Diskussionen gesorgt haben, möchte ich heute darüber schreiben.
Lange vor meiner Zeit im Gemeinderat las ich im Gerlinger Anzeiger über dessen Beschluss zur Beauftragung einer Studie zur nachhaltigen Bepflanzung der Rabatten an der Hauptstraße. Starten sollte das Ganze mit drei Versuchsbeeten neben der Einfahrt der Tiefgarage Rathaus. Um genau diese drei Beete geht es mir heute. Damals fand ich den Plan zu einer Studie etwas überflüssig. Gerlingen war nicht die erste Kommune, die auf die Idee kam, ihre Rabatten nachhaltiger zu gestalten. In der einschlägigen Literatur gibt es Unmengen von Vorschlägen für eine nachhaltige, ökologisch sinnvolle Bepflanzung. In der Zwischenzeit habe ich gelernt, dass sehr gerne Gutachten beauftragt werden, bevor etwas entschieden wird. Oft wird dies kritisiert. Andererseits gab auch schon eine Entscheidung, bei der ich mir im Vorfeld etwas mehr Informationen, zum Beispiel durch eine Studie, gewünscht hätte.
Als die drei Versuchsbeete angelegt waren, hatte ich etwas Bauchschmerzen bei der Auswahl der Pflanzenarten. So wurde in ein Beet Diptam (Diptamus albus) gepflanzt. Wenn Sie schon einmal im Elsaß waren, haben Sie vielleicht die Geschichte der brennenden Hänge gehört? Diptam enthält sehr viele ätherische Öle, die sich bei großer Hitze sogar entzünden können. Zudem können diese Öle zu schweren Hautreizungen führen. Man kann sich also fragen, ob so eine Art in eine Rabatte direkt am Gehweg gehört? In der Zwischenzeit hat sich die Zusammensetzung der Rabatte geändert, der Diptam wurde stark zurückgedrängt. Vor drei Jahren konnte ich zu meiner Freude entdecken, dass ein kleiner parasitischer Pilz in das Beet eingewandert ist. Eigentlich wollte ich es nie thematisieren, weil allein das Wort „Parasit“ bei vielen Menschen „Vernichtungsreflexe“ hervorruft. Aber keine Sorge, er ist weder für Menschen noch für Tiere oder landwirtschaftliche Nutzpflanzen schädlich und wird auch den Pflanzen in der Rabatte nicht absterben lassen.
Ich stelle mir unsere Natur als ein großes Uhrwerk mit unendlich vielen Zahnrädern vor, die alle ineinandergreifen. Jedes Zahnrad hat seine Funktion, die wir zumeist nur ansatzweise oder gar nicht überblicken können. Und jeglicher Eingriff kann schwerwiegende Auswirkungen haben. In dieses große Ganze gehören auch parasitische Pilze. Ich kann es nicht durch Zahlen belegen. Aber mein persönlicher Eindruck ist, dass auch bei einigen parasitischen Pilzgruppen in den letzten Jahren ein starker Rückgang stattgefunden hat, wie er zum Beispiel auch bei Insekten zu beobachten ist. Ein Grund ist sicher die kontinuierliche Zerstörung naturnaher Lebensräume, in denen diese Pilze zu finden sind. Daher zeigt das Auftauchen des Pilzes in diesem Beet, dass hier ein Prozess stattfindet. Eine ehemals eher belanglose Blumenrabatte verwandelt sich in einen Lebensraum. Und das hat wirklich einen Preis verdient!
Nun könnten Sie sagen, dass diese drei Beete schon sehr wild aussehen. Hier gilt: Schönheit liegt im Auge der Betrachtenden. Und wenn Sie wirklich schmucke Beete sehen wollen, in denen fast das ganze Jahr über Blumen blühen, an denen sich auch viele Insekten erfreuen, müssen Sie von der Hauptstraße lediglich um die Volksbank herum zum Schachbrett gehen. Dort finden Sie um die persischen Eisenholzbäume herum genau solche mehrjährigen Blumenbeete, wie es sich viele für alle Rabatten entlang der Hauptstraße vorgestellt haben.
Zum Abschluss noch zwei Wünsche: Zum einen wurden die ersten Rabatten in der Hauptstraße mit der Ankündigung gepflanzt, dass diese Bepflanzung sechs bis sieben Jahre bleibt. Alle Pflanzenarten in diesen drei Beeten sind mehrjährig und das bedeutet, dass sie noch viel älter als sechs bis sieben Jahre werden können. Ich fände es sehr schade, wenn sie nun schon in zwei oder drei Jahren wieder herausgerissen würden, weil eine einmal festgelegte Zeitspanne vergangen ist. Zum anderen wünsche ich mir, dass der Wert dieser Beete wie auch aller anderen Blumenrabatten in der Stadt und die dahintersteckende Mühe der Stadtgärtnerei mehr geschätzt wird. Sie liegen oft voll Müll, und besonders die Pflanzkübel sind keine Aschenbecher!
Angela Neuburger-Schäfer