… berichtete die Stuttgarter Zeitung am 4.9.25. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde ein Gerlinger Landwirt hiernach wegen Verstößen gegen das Tierwohl gerichtlich verurteilt – an 4 von 5 untersuchten Hühnern sei „Kloakenkannibalismus“ festgestellt worden, der hätte verhindert werden müssen. Dabei handelt es sich um eine krankhafte Verhaltensstörung, bei der Hühner Artgenossen im Bereich der Kloake verletzen. Ursache ist meist eine schlechte Tierhaltung.
Wie wollen wir Landwirtschaft in Gerlingen gestalten? Wir hatten im Juni 2023 eine breit angelegte Podiumsdiskussion (Lebensmittel ohne Tierquälerei) mit dem betroffenen Gerlinger Landwirt, PETA sowie Vertreter*innen des Handels und der Politik veranstaltet. Die Positionen lagen weit auseinander. Die Verurteilung des Landwirts bestätigt die Vorwürfe von PETA: die Tierhaltung im Gerlinger Hühnerhof war unverantwortlich und unzulässig. Trotzdem gibt es kein Tierhalterverbot für den Landwirt, der auch einen Hofladen betreibt.
Das durch Cem Özdemir verbesserte Tierschutzgesetz alleine kann solche Missstände nicht verhindern. Die Kontrolldichte für Tierhalter ist im Kreis Ludwigsburg schwach. Wie berichtet, gibt es im Kreis ca. 46 Geflügelbetriebe. Wie viele davon werden kontrolliert? Dazu hat uns das Landratsamt auf Anfrage keine Auskunft erteilt. Pro Jahr werden aber (2022) nur 1% der Schweinehalter im Kreis anlasslos kontrolliert. Helfen können Kontrollen und Zertifizierungen anderer Organisationen, wie sie z.B. Edeka-Südwest-Fleisch oder Bioland für Produzenten vorschreibt. Nach unserer Kenntnis lehnt der betroffene Landwirt solche Qualitätsprüfungen aus Kostengründen ab.
Wir appellieren deshalb an die Verbraucher*innen in Gerlingen: prüfen Sie die Qualität von Lebensmitteln beim Einkauf. Fragen Sie kritisch nach und achten Sie auf Qualitätssiegel. Lassen Sie sich nicht vom Schein idyllisch wirkender Verpackungen oder Ladenlokale täuschen. Lokal produziert muss nicht gut sein.
Der Skandal hat auch eine lokalpolitische Komponente. Der verurteilte Landwirt sitzt für die Freien Wähler im Gemeinderat. Das Fehlverhalten belastet aus unserer Sicht den Ruf Gerlingens, seiner Landwirtschaft und des lokalen Handels. Eine aktuelle aufklärende Stellungnahme des Landwirts und transparente nachhaltige Maßnahmen zur Änderung der Bedingungen im Hühnerhof sind dringend geboten. Rechtlich mag die Zahlung von 80 Tagessätzen genügen. Ethisch fordern wir mehr – mindestens eine artgerechte Tierhaltung! Unser Ziel ist eine faire, transparente und nachhaltige Landwirtschaft.
Frank Straile