Der November ist der Monat, in dem wir auf Veranstaltungen unserer Verstorbenen gedenken. Sei es bei der feierlichen Feierstunde der Stadt Gerlingen am Volkstrauertag mit Kranzniederlegung an der Petruskirche oder mit einem Gräberbesuch an Allerheiligen. So mancher von Ihnen wird also in den letzten Wochen einen Friedhof besucht haben.
Dagegen ging es im August bei der Veranstaltung „Bestattungsformen in Gerlingen — warum ist das für Sie ein Thema“ nicht um die Toten, sondern um uns Lebende. Der Hospizdienst Gerlingen lud zusammen mit den beiden christlichen Kirchen zu einem Spaziergang auf den Gerlinger Stadtfriedhof ein. Zwar sind in der städtischen Friedhofssatzung die Formalia genau geregelt. Im Gespräch mit Gerhard Schmitt, dem Verantwortlichen des Bauhofs für die Friedhöfe, zeigte sich aber sehr schnell, dass den Besuchern und Besucherinnen sehr viele Fragen zu Details wie etwa der Art des Grabsteins oder der Grabplatte auf der Seele lagen. Bei der anschließenden Gesprächsrunde im katholischen Gemeindehaus stellte Wolfgang Müller, der Leiter der Kontaktstelle Trauer des Dekanats Ludwigsburg, sehr einfühlsam dar, wie sich die Trauerkultur in den letzten Jahren geändert hat. Gaben früher starre Gebräuche das Prozedere um die Beerdigung herum vor, ist der Fokus heute viel mehr auf die Trauernden, ihre Bedürfnisse und Wünsche gelegt.
Ein Wandel bei der Bestattungskultur ist auch an der gestiegenen Nachfrage nach neuen Bestattungsvarianten deutlich erkennbar. So möchten viele Menschen nicht mehr in klassischen Gräbern beigesetzt werden. Die Stadtverwaltung hat schon vor einiger Zeit auf diese Entwicklung reagiert und zum Beispiel Kolumbarium-Wände aufgestellt. Die neuen Wände auf dem Stadtfriedhof, die ein besonderes Anliegen des letzten Gemeinderates waren, wurden unlängst fertiggestellt und werden bald in Betrieb genommen.
Die neuen Kolumbarium-Wände auf dem neuen Teil des Stadtfriedhofes. Davor befinden sich die neu gestalteten Urnengräber.Im Jahr 2022 wurde zudem ein umfassendes Friedhofskonzept erstellt, in dem aufgezeigt ist, wie der Gerlinger Stadtfriedhof von einer klassischen Ruhestätte hin zu einem parkähnlichen Ort der Stille und des Gedenkens zu entwickeln ist. Besonders gut passt dazu, dass im letzten Lärmaktionsplan auch der Friedhof als „Ruhiges Gebiet“ identifiziert wurde. Die Schwierigkeit bei der Realisierung des Konzeptes besteht nun darin, dass die Umgestaltung der meisten Flächen erst möglich ist, wenn bei den dort befindlichen Gräbern die Ruhezeiten abgelaufen sind. Es dauert also noch ein wenig, bis auch im Stadtfriedhof wie geplant die ersten Baumgräber möglich sind, wie es sie auf dem Waldfriedhof bereits gibt.
Herrn Müller war der Appell an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wichtig, sich über die eigene Bestattung Gedanken zu machen, sich über Wünsche klar zu werden und diese auch zu dokumentieren. Es kann uns zwar eigentlich egal sein, was nach unserem Tod mit dem Leichnam passiert. Denjenigen, die die Beerdigung organisieren müssen, ist es jedoch eine große Erleichterung zu wissen, welche Vorstellungen der oder die Verstorbene hatte.
Die Veranstaltung auf dem Friedhof hat gezeigt, wie viele offene Fragen es zu dem Thema gibt. Eine regelmäßige Wiederholung dürfte auf Resonanz treffen und weiteren Interessierten die Möglichkeit geben, sich zu informieren.
Angela Neuburger-Schäfer