In Gerlingen gehört das Erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus fest zur Stadtkultur. Ein besonderer Ort dieses Gedenkens, der auf Initiative des 7. Gerlinger Jugendgemeinderats (2007 - 2009) entstand, ist der Stolperstein für Johanna Schweizer vor dem Stadtmuseum. Er erinnert an eine Gerlinger Mitbürgerin, die 1940 in der Tötungsanstalt Grafeneck auf der Schwäbischen Alb ermordet wurde.
Ein Kurs des Gerlinger Gymnasiums fuhr im selben Jahr als Zeichen der Mahnung mit Fahrrädern eine „Spur der Erinnerung“ bis in die Dorotheenstraße nach Stuttgart, wo heute im Hotel Silber, dem ehemaligen Gestapo-Hauptquartier der Stadt, ein zentraler Erinnerungsort eingerichtet ist.
Dieser Gerlinger Tradition der Erinnerung haben wir uns dieses Jahr mit zahlreichen Mitgliedern und Gästen angeschlossen und eine Sonderführung der Ausstellung „Polizei, Gestapo und Verfolgung“ besucht.
Foto: Udo HielscherDas Ziel der Ausstellung ist, aus Geschichte zu lernen, wie aus etwas Alltäglichem ein Instrument der Diktatur wurde. Wie in einem normalen Büro läuft man über den zentralen Flur an Schreibtischen vorbei. Jeder dieser Tische war ein Arbeitsplatz und ein Tatort. Die Gestapo entstand als politische Polizei, v. a. gegen die KPD. Gut ausgebildete Juristen und Polizisten wurden durch parteitreue Nationalsozialisten ersetzt. Ab 1933 wurden Menschen jüdischen Glaubens aus der Gesellschaft eliminiert. Mit der Reichspogromnacht begann die Eskalation, auch in Stuttgart.
Im Hotel Silber wurden Deportationen aus Württemberg in Vernichtungslager organisiert. Es ging von Stuttgart mit dem Zug direkt nach Auschwitz, immer in Begleitung von Stuttgarter Polizeibeamten.
Die Ausstellung ist zugleich sehr beeindruckend und sehr bedrückend. Es wird unsere Geschichte sichtbar, Stuttgarter und Gerlinger Geschichte. Wir haben als Auftrag mitgenommen, dass wir unsere Demokratie stärken und verteidigen müssen. Jetzt. Um das Gehörte und Gesehene gut einzuordnen, sind wir im Anschluss ins Restaurant Amadeus eingekehrt.
Karin Hauff und Frank Straile