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Was tun? Unsere Umweltkolumne

 

Umarme den Feind

Vom Blick auf anderer Leute Buchsbäume weiß ich, dass viele das Problem Buchsbaumzünsler aussitzen. Hab ich auch schon probiert, funktioniert aber nicht. Heuer waren besonders viele Raupen am Start, permanent und mehrere Generationen auf einmal! Es gibt keine Pause mehr für den Buchs-Gärtner. Buchsbaumzünsler muss man nicht erklären. Sie sind ähnlich beliebt wie Kopfläuse. Auch wer bloß mit halboffenen Augen durch die Welt geht, kennt die schaurigen Folgen ihrer Existenz. Viele spritzen ja nicht bienengefährliche Gifte. Ich denke dann immer an Contergan. Galt auch mal als unbedenklich. Deswegen bin ich Zeit meines Gärtnerinnenlebens ohne Gift gegen Schnecken, Unkraut, Mehltau & Co. ausgekommen. Leider nicht ohne Mord...

Zu Beginn der Zünslerinvasion in Gerlingen um 2010 herum bin ich bei unseren einst 130 Buchsbäum(ch)en einem tunesischen Sprichwort gefolgt: Wer seinen Gegner umarmt, macht ihn bewegungsunfähig. Also wurden die Buchsästchen kräftig umarmt und gedrückt. Der ein oder andere Gegner hing danach bewegungsunfähig im Busch. Alle anderen fraßen fröhlich weiter. Also hänge ich zwischen April und Oktober immer wieder, bewaffnet mit einer langen Pinzette, über den Buxi und sammle Raupen ab.

Hobbylos hinter Hecken

Ein öde Sache! Um ihr mehr Pep zu verleihen, mache ich stets bei einer schönen Raupen-Zahl Feierabend. Das kann 22 sein, 100 oder, noch toller, 777. „Mama, du bist so hobbylos“, kommentierte vor Jahren der Nachwuchs. Vergangenen Sommer konnte unser Sohn den Anblick der stundenlang kreuz und quer über dem Gebüsch hängenden Mutter nicht mehr ertragen. Er zog los, um ein Mittel gegen Zünsler zu besorgen. „Aber nur Bacillus thuringiensis“, rief ich ihm hinterher. Zurück kam er mit einem Mittel, das Dickmaulrüssler, Blattläuse, Weiße Fliegen und Zünsler töten soll. Hhm. Der Verkäufer habe vom Bacillus thuringiensis abgeraten, der wirke gar nicht mehr, erklärte der Sohn.

Tja, was soll ich sagen: Heuer habe ich am Ostermontag die ersten Zünslerbabys entdeckt und zum ersten Mal ein paar der nur noch 40 Buxi halbherzig gespritzt, weil ich am nächsten Tag auf Reisen ging. Kein anderes Familienmitglied ist so bekloppt, Raupen aus Büschen zu zerren. Die Zünsler haben übrigens fröhlich weitergemampft. Auch meine Versuche, ihnen mit Hilfe übergestülpter schwarzer Mülltüten einzuheizen, schlugen fehl. Die Zünsler schienen die Sauna zu genießen, die Buchsbäume litten und wurden obenrum braun. Falls Sie bessere giftfreie Methoden kennen: Wir sind interessiert! Auch Buchs will leben!

Barbara Bross-Winkler

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