Der Grünen-Politiker Winfried Hermann wurde von der VHS Gerlingen eingeladen, am 18.11. im Hörsaal des Robert Bosch Gymnasiums einen Vortrag zu halten über nachhaltige Verkehrspolitik im ländlichen Raum. Davor hatte er jedoch für die Gerlinger Grünen etwas Zeit, die diese nutzten, um dem Verkehrsminister ein Treffen mit dem Bürgermeister und dem Jugendgemeinderat zu ermöglichen.
Beim Gespräch im Gerlinger Rathaus waren neben der Ersten Beigeordneten Martina Koch-Haßdenteufel auch unser Landtagsabgeordeneter Markus Rösler (Grüne), der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Gemeinderat Achim Breit, der ehemalige Stadtrat Rolf Stiefel und der Leiter der VHS Reinhard Neil anwesend. Selbstverständlich drehte sich das Gespräch um die Pläne der Ditzinger Stadtverwaltung, die Siemensstraße durch einen zweiten Autobahnanschluss, der jedoch auf Gerlinger Gemarkung liegen würde, zu entlasten. Er machte dabei deutlich, dass auf Initiative der Ditzinger Stadtverwaltung und der beiden Firmen Thales und Trumpf sein Ministerium eine Anfrage nach Berlin gerichtet habe, ob dies wegen des kurzen Abstandes zur nächsten Anschlussstelle überhaupt möglich sei. Daraufhin habe er die Antwort erhalten, es sollten erst einmal Pläne erstellt werden, dann werde man prüfen. Da er nun die starke Gegenwehr von Gerlinger Seite sieht, hält er einen neuen Anschluss für nicht machbar. Darüber hinaus sei von Ditzinger Seite mit veralteter Planungsmethode gearbeitet worden, indem zuerst gebaut und dann an die Infrastruktur gedacht wurde. Seinen Standpunkt zu dieser Gretchenfrage durfte Winfried Hermann noch mehrmals an diesem Abend, beim Jugendgemeinderat und nach seinem VHS Vortrag erläutern. Dies zeigt, wie dieses Thema die Gerlinger beschäftigt.
Nach dem Eintrag ins Goldene Buch erfolgte das Treffen mit dem Jugendgemeinderat im großen Sitzungssaal, das von der Grünen-Stadträtin Ulrike Stegmaier moderiert wurde. Die neun Jugendlichen hatten sich gut vorbereitet und der Verkehrsminister beantwortete neben der Frage bezüglich des Autobahnanschlusses auch die Frage, inwieweit Unternehmen in diesem Zusammenhang Einfluss auf die Politik nehmen und wie die Regierung in einer Demokratie versuchen muss, die verschiedenen gesellschaftlichen Interessen unter einen Hut zu bringen.
Der aktuelle Eisenbahnerstreik gab dem Minister die Gelegenheit auf das Zustandekommen der jetzigen Situation hinzuweisen. Im Zuge der Privatisierung der Bahn in den 1990er Jahren sind für die Lokführer die Beamtenprivilegien, aber auch das Streikverbot, weggefallen, ohne dass sie dafür eine Lohnsteigerung erhalten haben. Die Gründe für die Probleme mit der Bahn sind daher in der Privatisierung von gesellschaftlich wichtiger Infrastruktur zu suchen.
Ein weiterer Punkt war die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung in den Medien. Diese, so die Ausführungen von Winfried Hermann und Markus Rösler, sind nicht immer gut recherchiert und lassen es häufig an der nötigen Objektivität fehlen. Sie berichten z.B. nur über das, was sie für interessant halten. Besteht in der Regierung zwischen den Koalitionspartnern Einigkeit, so ist dies keine Meldung wert. Gibt es jedoch unterschiedliche Standpunkte zu einem Thema, so ist das eine Schlagzeile mit dem Begriff „Streit“. (Anmerkung am Rande: Ein schönes Beispiel ist die Berichterstattung im „Strohgäu Extra“ vom 20.11., die vom Inhalt des sehr interessanten VHS-Vortrages, der sich unter anderem mit der Notwendigkeit und den Möglichkeiten der CO2-Reduzierung befasste, nichts zu berichten wusste, und dafür nur die zuletzt von einem Zuhörer gestellte Frage nach der Autobahnausfahrt thematisierte).
Ferner wurde noch über Radwege, Carsharing und die Elektromobilität diskutiert und aktuell über das in Gerlingen zur Verfügung stehende Car2Go, das jedoch bisher leider noch nicht für die Waldsiedlung zur Verfügung steht. Bei der Frage nach der Möglichkeit einer verbesserten Anbindung der Höhe mit der Innenstadt durch eine Verbreiterung der Füllerstraße und des Steingrübenwegs musste Winfried Hermann allerdings wegen mangelnder Ortskenntnis passen. Dafür konnte Markus Rösler erläutern, dass der ehemalige Feldweg nicht ohne weiteres verbreitert werden kann, da Grundstücksinteressen dem entgegenstehen und die jetzige angespannte und für Rückspiegel bedrohliche Verkehrslage nur vorübergehend ist, bis eben der Kreisverkehr auf der Schillerhöhe fertiggestellt ist.
Für Winfried Hermann war diese Gesprächsrunde mit einem Jugendgemeinderat eine Premiere, die ihm offensichtlich Freude gemacht hat, konnte er doch aufgrund der „eifrigen Frager“ ein großes Engagement und Interesse sehen. Wer anschließend noch die Veranstaltung der VHS mit dem Minister besucht hat, konnte sich ein sehr gutes Bild über die Vielseitigkeit der Projekte und Forschungen im Bereich Verkehr und Infrastruktur machen, die der Minister anschaulich vorgestellt hat, immer mit Blick auf Nachhaltigkeit. Zusammengefasst in die Strategie der „5 V“: Verbessern – Verlagern – Vermeiden – Vernetzen – Vorbildfunktion.
Sowohl beim Jugendgemeinderat als auch beim anschließenden VHS-Vortrag konnte Winfried Hermann zeigen, was nachhaltige Mobilität und Bürgernähe bedeutet. Dass es ihm ernst damit ist zeigt auch, dass er und die Leiterin des Ministerbüros mit der Stadtbahn gekommen und wieder abgereist sind.