Am 16.11.2022 haben wir den Antrag 03/2022 „Öffentliche Grünflächen, die nicht als Spiel- oder Erholungswiesen genutzt werden, nur noch ein bis zwei Mal im Jahr zu mähen“ bei der Stadtverwaltung eingereicht. Um was geht es uns in diesem Antrag?
Allen, die Auto fahren, ist der deutliche Rückgang der Insektenzahl in den letzten Jahren sicher aufgefallen. War früher in regelmäßigen Abständen die Reinigung der Windschutzscheibe von Insektenverschmutzungen dringend nötig, entfällt dieser Grund in der Zwischenzeit fast vollständig. Diesen Eindruck konnte die „Krefelder Studie“ wissenschaftlich belegen. So kam es zwischen 1989 und 2016 zu einem Rückgang der Insektenbiomasse um 75 %. Und diese Abnahme ist seither weitergegangen. Nicht nur die Häufigkeit der Insekten, auch die Artenvielfalt zeigt eine beunruhigende Tendenz. So gelten 42 % der Insektenarten als bestandsgefährdet, extrem selten oder sind schon ausgestorben. Bei weiteren 45 % ist der Bestand rückläufig.
Diese Zahlen sind erschreckend. Insekten sind ein unersetzbar wichtiger Bestandteil unserer Umwelt. Freut es Sie nicht auch, wenn Sie einen Schmetterling sehen? Es ist Aufgabe von jedem von uns und auch der Kommunen, etwas für den Insektenschutz zu tun.
Ein Projekt in Tübingen, das durch viele wissenschaftliche Studien begleitet wurde und noch immer wird, zeigt einen relativ einfachen Weg zum aktiven Insektenschutz. So werden städtische Rasenflächen, zum Beispiel Straßenbegleitgrün, nur noch ein Mal im Jahr gemäht und das Mahdgut entfernt. Dabei wird darauf geachtet, dass die Mahd erst nach der Blüte der Wiesenblumen stattfindet. Wird eine Wiese zu früh gemäht, werden alle Blüten abgeschnitten, bevor sie den Insekten als Nahrungsquelle dienen können. Meist erfolgt die Mahd im Juni. Danach wächst die Vegetation noch einmal so gut, dass Insekten vielfältige Überwinterungsorte für Larven und Eier finden. Um es einfach auszudrücken: zu frühe und zu häufige Mahd lässt unsere Insekten hungern und erschwert ihr Überleben im Winter.
Was spricht dagegen, Straßenbegleitgrün nur noch ein Mal im Jahr zu mähen? Sicher sieht ein solcher Straßenrand womöglich etwas unordentlicher aus. Jedoch zeigen Studien als weiteren Nebeneffekt der verminderten Mahd, dass die Vielfalt der Pflanzenarten auf diesen Fläche in nur sechs Jahren um 30 % zugenommen hat. Auf diese Weise wurden aus grünen Flächen Blumenwiesen.
Wir hoffen, dass wir im Gemeinderat, aber auch in der gesamten Bürgerschaft, Verständnis und Unterstützung für unseren Antrag bekommen. Lassen Sie uns alle zusammen etwas für den Insektenschutz unternehmen, damit unsere Kinder auf Wiesen weiterhin Käfer entdecken können und diese irgendwann nicht nur noch von Bildern kennen.
Angela Neuburger
Quellen: