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Antworten auf die häufigsten Fragen zur Gemeinschaftsschule

Unsere Bildung ist gut. Warum lassen wir nicht alles beim Alten?
Ja, Baden-Württemberg schneidet im nationalen Ländervergleich gut ab, was die Leistung der „oberen“ 80 Prozent der SchülerInnen angeht. 20 Prozent verlassen jedoch die Schule mit mangelhaften Kenntnissen in Deutsch, Mathe und Englisch und/oder ohne Abschluss. Im internationalen Bildungsvergleich ist Baden-Württemberg leider nur Mittelmaß: Unsere Gymnasiasten und Gymnasiastinnen erbringen gute Leistungen, bleiben aber laut Studien zum Teil weit hinter den GemeinschaftsschülerInnen anderer Nationen zurück.

Wir wollen die soziale Selektion überwinden und allen Kindern, unabhängig von ihrer Herkunft, gleiche und gute Bildungschancen bieten. Kein Kind darf im Schulsystem verloren gehen. Bei uns stehen die Kinder und die individuelle Förderung im Mittelpunkt. Das jetzige Schulsystem ist auch aufgrund zurückgehender Schülerzahlen nicht mehr in seiner Gänze zu halten. Wir brauchen Lösungen, um ein vielfältiges hochwertiges Bildungsangebot und alle Abschlüsse überall im Land sicherstellen zu können. Und das tun wir: Mit der Gemeinschaftsschule.

Was macht eine Gemeinschaftsschule aus?

1. Der größte Vorteil der Gemeinschaftsschule ist, dass sie den SchülerInnen zu jeder Zeit viele Wege eröffnet. Nicht alle Kinder entwickeln sich zum gleichen Zeitpunkt gleich.

2. Die Gemeinschaftsschule begegnet der Unterschiedlichkeit der SchülerInnen mit individueller Förderung.

3. Sie lässt möglichst lange den Weg zu allen allgemeinbildenden Abschlüssen offen, ohne dass die Schule gewechselt werden muss.

4. Die Kinder können im eigenen Lerntempo arbeiten und haben Zugang zu den   Bildungsinhalten aller Schulen.

5. Sie lernen je nach Leistungsvermögen in verschiedenen Fächern im jeweils von ihnen gut zu bewältigendem Schwierigkeitsgrad. Denn fast niemand ist in allen Fächern gut oder in allen Fächern schlecht.

6. Lehrkräfte aller allgemeinbildenden Schularten begleiten die SchülerInnen intensiv auf diesem Weg.

7. Es gibt nach wie vor Leistungsnachweise und Prüfungen, Sitzenbleiben und Wechsel in eine andere Schulart entfallen.

8. Gemeinschaftsschulen sind keine Einheitsschulen, sondern Schulen der Vielfalt. Die Verschiedenheit wird wertgeschätzt.

Ist das Niveau in einer Gemeinschaftsschule niedriger als in einer Realschule oder im Gymnasium?

Nein. Die Bildungspläne, nach denen gelernt wird, sind die gleichen wie an der Hauptschule, der Realschule und dem Gymnasium. Die Kenntnisse, Kompetenzen und Fähigkeiten, die eine Schülerin oder ein Schüler für einen Bildungsabschluss erreichen muss, sind grundsätzlich gleich an allen Schulen, auch an der Gemeinschaftsschule. Die SchülerInnen der Gemeinschaftsschule haben aber jederzeit in jedem Fach Zugriff auf schwierigere oder einfachere Varianten aus diesen Bildungsplänen. Das Lerntempo und der Schwierigkeitsgrad werden von jedem in enger Zusammenarbeit mit den LehrerInnen bestimmt. Beispiele aus Skandinavien zeigen schon lange, dass das pädagogische Konzept der Gemeinschaftsschule stimmt und der Lernerfolg gelingt. Die Gemeinschaftsschule ist kein Experiment mit ungewissem Ausgang, sondern ein in vielen Ländern erfolgreich erprobter Weg zu mehr sozialer Gerechtigkeit. 

Bedeutet die Gemeinschaftsschule eine Abkehr vom Leistungsgedanken?

Nein. Die GMS verabschiedet sich aber vom enormen Leistungsdruck, der im bisherigen Schulsystem auf den SchülerInnen lastet. Es geht nicht mehr in erster Linie um Noten, sondern darum, den unterschiedlichen Leistungen und Leistungsvermögen der SchülerInnen gerecht zu werden. Viele SchülerInnen bleiben im bisherigen System unter ihren Möglichkeiten, schwächere Kinder verlieren den Anschluss und begabte können ihre Potenziale nicht ausschöpfen. Leistung ist in der GMS gefragt. Um diese zu erreichen, gibt es mehr Feedback und individuelle Förderung, um früh auf Rückstände hinzuweisen und Stärken zu fördern.  Gemeinschaftsschulen orientieren sich nicht nur an Defiziten, sondern auch an den Stärken, denn Erfolgserlebnisse machen Mut, neugierig und motivieren.

Geht mit der Einführung der Gemeinschaftsschulen die Schließung anderer Schulen einher? Oder erhöht sich die Schuldichte?

Die Gemeinschaftsschule ist ein Angebot an die Schulen und Schulträger. Sie verdrängt keine Schulen und wird nicht aufgezwungen, sondern steht denen offen, die sie wollen und die Kriterien erfüllen. Das alte Schulsystem hat keine Antwort auf die Herausforderung der sozialen Selektion und des demografischen Wandels. Schulsterben und Minischulen einerseits, Großklassen andererseits sind die Folgen. Viele Haupt- und Werkrealschulen stehen mangels Nachfrage durch die Eltern vor dem Aus. Die Realschulen und Gymnasien wiederum kämpfen mit der steigenden Nachfrage und geraten oft an ihr Kapazitätslimit. Es geht um eine Umgestaltung des Bildungssystems in Baden-Württemberg, die den örtlichen Gegebenheiten und den Kindern gerecht wird und das mit einem zukunftsfähigen pädagogischen Konzept.

Werden Schulen, die nicht zur Gemeinschaftsschule werden wollen, benachteiligt?  

Nein. Wenn eine Schule sich nicht zur Gemeinschaftsschule entwickeln möchte, kann sie mit ihrem bisherigen schulartbezogenen Konzept und der dafür vorgesehenen Ausstattung weiter arbeiten. Keiner wird durch die Einführung der Gemeinschaftsschule benachteiligt.

Ist die Schüler-Lehrer-Relation an der GMS besser?

Es gibt in der Gemeinschaftsschule nicht mehr den festen Klassenverband mit Frontalunterricht. Die Schüler-Lehrer-Relation an der Gemeinschaftsschule ist nicht mit den Schulen anderer pädagogischer Konzepte vergleichbar. Die Gemeinschaftsschule begleitet die SchülerInnen intensiv und aufgrund ihres neuartigen pädagogischen Konzepts mit mehr Zeitaufwand. Deshalb erhält sie zum Start etwas mehr Lehrerstunden als Anschubfinanzierung. Ihr Klassenteiler liegt wie an der Grundschule bei 28 Schülern.  Vergleichbare Aussagen zur Relation Schüler je Lehrer sind erst dann möglich, wenn die ersten GemeinschaftsschülerInnen einen allgemeinbildenden Abschluss ablegen. 

Welchen Vorteil hat das Gymnasium, Gemeinschaftsschule zu werden? 

Die bisherigen Bildungspläne mit Frontalunterricht werden künftig praxis- und lebensnäher. Neben dem gymnasialen Lehrangebot wird auch die berufliche Orientierung sowie lebenspraktische Themen eine Rolle spielen, die bisher an Real-, Haupt-  und Werkrealschulen gelehrt wurden. Die GMS bietet vom Inhalt her den G 8-Bildungsplan, gibt den Kindern aber mehr Zeit, da das Abitur nach neun Jahren abgelegt wird (G 9). Anschluss ans G 8 und andere Oberstufen besteht jederzeit. Die GMS berücksichtigt, dass jeder Schüler und jede Schülerin ein eigenes Lerntempo hat. Durch individuelle Förderung an der GMS werden Rückstände vermieden. Bislang gehen leider mehr als 50 Prozent eines Gymnasialjahrgangs durch Sitzenbleiben oder Wechsel in eine andere Schulart auf dem Weg zum Abitur verloren. Der Ganztagsunterricht bedeutet, dass die Hausaufgaben bereits in der Schule erledigt werden.

Welchen Vorteil hat die Realschule, Gemeinschaftsschule zu werden? 

Die Realschule unterrichtet bereits heute Kinder aller Schulartempfehlungen. Von der Schülerschaft her kommt sie daher einer GMS schon sehr nah. An der Realschule sind SchülerInnen, die die Haupt- und Werkrealschule meiden sowie viele mit gymnasialer Empfehlung, die nicht das G 8 durchlaufen wollen. Mit der Gemeinschaftsschule können Realschulen der Verschiedenheit in der Schülerschaft besser gerecht werden, weil auf den einzelnen Schüler intensiver eingegangen werden kann. Die GMS hält zudem alle Bildungswege offen, auch das Gymnasium. Durch den Ganztagsunterricht werden die Hausaufgaben bereits in der Schule erledigt.

Welchen Vorteil hat die Hauptschule, Gemeinschaftsschule zu werden? 

Bisher haben Schülerinnen und Schüler von Haupt- oder Werkrealschulkind nur wenige Chancen zum Aufstieg auf eine höhere Schulart, da ein Aufholen bei unterschiedlichen Lerninhalten und -geschwindigkeiten nur schwer möglich ist. Aufgrund der demografischen Entwicklung und des damit verbundenen Schülerrückgangs sind viele Haupt- und Werkrealschulen inzwischen sehr klein und haben oft nur noch die notwendige Unterrichtsversorgung. Vielfältiges Fächerangebot und AGs können oft nicht mehr angeboten werden.  Auch aufgrund der mangelnden Nachfrage durch die Eltern stehen viele dieser Schulen vor dem Aus. Darüber hinaus gibt es aktuell noch zu viele HauptschülerInnen, die die Schule ohne Abschluss und mit mangelnden Kenntnissen verlassen.  Die GMS beugt durch rechtzeitige individuelle Förderung vor. Leistung wird kontinuierlich überprüft. Kurzer Leistungseinbruch wird abgefedert, Durchstarten ist jederzeit möglich. Bei entsprechender Leistung kann die Mittlere Reife (oder mehr) abgelegt werden. Durch den Ganztagsunterricht werden die Hausaufgaben bereits in der Schule erledigt.  

Welchen Vorteil hat eine Grundschule, Gemeinschaftsschule zu werden?

Schon in der Grundschule, die wie die Gemeinschaftsschule alle Kinder zusammen lernen lässt, sind die Kinder in Klasse 3 aufgrund ihrer unterschiedlichen Entwicklungsverläufe bis zu 2,5 Schuljahre auseinander. In der Gemeinschaftsschule können wegen der stärkeren individuellen Förderung diese Leistungsunterschiede verringert werden bzw. Rückstände aufgeholt werden. Der Wechsel von Lernphasen und Entspannungsphasen in der GMS kommt GrundschülerInnen entgegen.

Gibt es auch Vorteile für die LehrerInnen?

In der GMS müssen die LehrerInnen nicht mehr bis zu 30 SchülerInnen per Frontalunterricht zugleich gerecht werden. Der Anteil an Inputphasen durch die Lehrkraft ist geringer und wird ergänzt durch Lehr- und Lerntechniken wie Gruppenarbeit und selbstständige Lernphasen. Beides begleitet die Lehrkraft, allerdings ist sie dadurch entlastet, dass sie nicht nur Vorträge halten muss. Die Lehrkräfte haben dann mehr Zeit neben der Notenvergabe für individuelle Schülerportfolios und Förderung. Ergänzend tauschen sich die Lehrkräfte in Teams  über die Entwicklungs- und Lernfortschritte der Kinder aus.

Sind durch den Ganztagsbetrieb die Kinder nur noch in der Schule?

Nein. Die GMS-SchülerInnen sind im Ganztagsbetrieb an der Gemeinschaftsschule von der 5. bis zur 10. Klasse nicht wesentlich länger in der Schule, als es bislang an Halbtagsschulen mit Nachmittagsunterricht der Fall war. Die Schulträger bestimmen anhand der örtlichen Nachfrage, wie die Ausgestaltung des Ganztagsbetriebes aussehen soll. Darüber hinaus erledigen die Kinder in der GMS die Hausaufgaben bereits in der Schule, Freizeitaktivitäten werden ebenfalls angeboten. Gleichzeitig leistet die Gemeinschaftsschule mit dem Ganztagsbetrieb einen wichtigen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Sind die Klassen in der Gemeinschaftsschule kleiner?

Es gibt in der Gemeinschaftsschule keine herkömmlichen Klassen, deshalb ist ein Vergleich schwer. Stattdessen wird in Lerngruppen mit SchülerInnen verschiedener Altersstufen und Leistungsniveaus gelernt. Eine Lerngruppe hat nicht mehr als 20 SchülerInnen. Zum Vergleich: An den Grundschulen sowie Haupt- und Werkrealschulen liegt der Landesdurchschnitt ebenfalls bei 20 SchülerInnen pro Klasse. Die SchülerInnen der Gemeinschaftsschule haben die Kontinuität der Lerngruppen, aber lernen auch in unterschiedlichen Zusammensetzungen.

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